Gründungserklärung

Gute Nachbarschaft ist von zentraler Bedeutung für ein sicheres und positives Lebensgefühl. Das wussten wir schon vor Corona; aber durch Corona hat diese schlichte Wahrheit eine neue Relevanz bekommen. Zusammenhalt, Teilhabe und wechselseitige Unterstützungsbereitschaft haben einen hohen Anteil daran, dass wir gesund und aktiv sein können. In unserer komplexen, globalisierten Welt mit ihren enormen gesellschaftlichen Herausforderungen – soziale Ungleichheit, demografischer Wandel, Digitalisierung, Zuwanderung und andere mehr - ist ein Quartier oder Dorf mit guter Nachbarschaft für viele von uns ein Ort, an dem wir sehr direkt erleben, dass wir selbst etwas bewirken können. Wenn Kommunikation und Miteinander in der Nachbarschaft und im Quartier gelingen, ist ein Grundstein für Problemlösung, Krisenbewältigung und Kompromissfindung auch auf anderen Gebieten gelegt, Sozialverhalten und Demokratiefähigkeit werden gestärkt. Letztlich profitiert davon unsere ganze Gesellschaft. Die Bewahrung und Entwicklung von funktionierenden Nachbarschaften ist darum eine entscheidende Grundlage für die Integrationsfähigkeit und den Zusammenhalt in Staat, Kommunen und Gesellschaft. 

Gute Nachbarschaft ist nicht nur ein Thema für die Wohngebiete. Gerade in zentralen Ortslagen und Mischgebieten mit hoher Nutzungsvielfalt sind die Akteure mit ihren oft sehr unterschiedlichen Belangen auf wechselseitige Akzeptanz und Kooperation angewiesen. Das gilt besonders in Zeiten des strukturellen Wandels, der in vielen Innenstädten, Ortszentren im ländlichen Raum und Ortsteilzentren bereits lange vor Corona begonnen hat und der nun überall zu gestalten sein wird. Dieser Strukturwandel geht uns alle an - die wirtschaftlichen Interessengruppen, aber auch die Bürgerschaft mit ihren berechtigten Interessen an Infrastruktur, Aufenthaltsqualität, Kultur- und Freizeitangeboten und einer guten Mischung von Wohnen und Arbeiten.     

Die „Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ von 2007 und ihre Fortschreibung zur Neuen Leipzig-Charta im Jahr 2020 geben uns Leitbilder, Grundsätze, Strategien und Instrumente an die Hand: Die resiliente Stadt – also eine Kommune, die in der Lage ist, sich bei Herausforderungen und Veränderungen angemessen anzupassen – ist gerecht und gemeinwohlorientiert, grün und produktiv. Damit das gelingen kann, müssen alle Belange und Interessen, die für die Kommunalentwicklung relevant sind, integriert, abgewogen und in Einklang gebracht werden. Das erfordert strukturierte Prozesse zur Beteiligung aller Interessengruppen, und der integrierte Ansatz muss sich auch in der Organisation der Verwaltungen abbilden.     

An vielen Orten, in vielen Quartieren und dörflichen Strukturen funktioniert das auch gut, und dort kann man sehen: Ideen und Konzepte für gute Aktionen lassen sich umso besser entwickeln und umsetzen, je mehr Einbindung und Unterstützung vor Ort es gibt. Hier will unser neues Bündnis für gute Nachbarschaft ansetzen und auf Landesebene das anstoßen und unterstützen, was vor Ort in den Kommunen und den Quartieren seinen Nutzen entfaltet, nämlich örtliche Bündnisse, Runde Tische und vergleichbare Formate, in denen und an denen sich die Akteure vor Ort zum gemeinsamen Handeln verständigen. Vielerorts – insbesondere in den Gebieten der Städtebauförderung und Dorfentwicklung – haben die Kommunen hierfür bereits ein Quartiersmanagement oder Dorfmoderatorinnen bzw. Dorfmoderatoren eingesetzt. Aber auch andernorts gibt es zahlreiche weitere Institutionen und Verbände, die selbst oder durch Ihre Mitglieder eine hohe Präsenz in der Fläche haben und bereit sind, sich mit Ideen und Aktionen einzubringen.

Neben der LAG der Träger der freien Wohlfahrtspflege, die die Bündnisgründung zusammen mit dem Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies initiiert haben, sind das z.B. die Interessenverbände im Bereich Wohnen und Grundeigentum, die Gewerkschaften, die Industrie- und Handelskammern, die Einrichtungen des Gesundheitswesens und viele mehr bis hin zu den Sparkassen, den Sport- und Freizeitvereinen, den Kultureinrichtungen und nicht zuletzt den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Eine Vielzahl von sozialen Projekten, bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Initiativen leistet unverzichtbare praktische Gemeinwesenarbeit vor Ort. Sie alle können das Geschehen und die Entwicklungen vor Ort gemeinsam maßgeblich mitgestalten und voranbringen. Hierfür will das Bündnis für gute Nachbarschaft in Niedersachsen Vorbild sein, Impulse geben und bei Bedarf aktiv beraten und unterstützen.

In diesem Sinne gründen die nachstehend genannten Institutionen heute das „Bündnis für gute Nachbarschaft in Niedersachsen“ und setzen damit ein Zeichen für Zusammenhalt und Zukunftsorientierung. Alle Kommunen, Verbände, Initiativen, Unternehmen und Personen, die sich zu den Zielsetzungen des Bündnisses bekennen und das Bündnis unterstützen möchten, können dem Bündnis beitreten und werden in die Kommunikation eingebunden.

Das Bündnis will

  • Vorbild sein, aktivieren und Impulse geben;
  • Expertise vernetzen und Austausch organisieren;
  • Konzepte entwickeln und Lösungswege aufzeigen;
  • Ehrenamtliches und hauptamtliches Engagement zueinander bringen;
  • Vorhandene Strukturen und Treffpunkte bekannt machen, Ansprachewege für Initiativen und Ehrenamtliche ebnen und das Zusammenwirken stärken;
  • Beratung und Unterstützung in Krisen und Konfliktsituationen leisten und Wege zur Selbsthilfe aufzeigen;
  • Dialog- und Ansprechpartner für Politik und Öffentlichkeit sein;
  • Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt entgegentreten;
  • Schutz, Sicherheit und Inklusion stärken, insbesondere für Frauen, Kinder und Menschen mit besonderen Herausforderungen.

Das Bündnis bildet eine Koordinierungsgruppe, die Anregungen aufnimmt, den Kommunikationsaustausch organisiert, über Inhalte, Verfahren und Aktivitäten des Bündnisses berät, Meilensteine setzt und Vorschläge erarbeitet. Je nach thematischem Schwerpunkt arbeiten Bündnismitglieder daran mit und übernehmen Aufgaben. Zu diesem Zweck bildet das Bündnis Arbeitsgruppen. Die Ergebnisse werden in digitaler Form weitergegeben, im Bündnis diskutiert und als Empfehlungen verabschiedet. Die Ergebnisse der Bündnisarbeit sollten sich im Handeln der Bündnismitglieder widerspiegeln.

Die Funktion einer Geschäftsstelle für das Bündnis übernimmt die LAG soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V..

Im Internet präsentiert sich das Bündnis mit einer eigenen Website (www.gutenachbarschaft-nds.de).